Rottaler Einblicke

In der Rottaler Kulturlandschaft gibt es viel Erstaunliches und Charakteristisches zu entdecken. Nachfolgende Übersicht führt Sie entlang der Wanderlandroute 65 durch das Gebiet; das heisst die ersten Einblicke sind von Langenthal , die weiteren von Roggwil, St. Urban, Altbüron und Melchnau bis Gondiswil. Wir wünschen Ihnen in diesem interessanten Grenzland viele schöne Entdeckungen!
Langenthaler Hochwassertrottoirs

Langenthaler Hochwassertrottoirs

Im Zentrum der Stadt Langenthal (z.B. St. Urbanstrasse 1) säumen auffällig hohe Trottoirs die Strassen. Dazwischen konnten früher die regelmässigen Hochwasser der Langete Richtung Bahnhof bzw. in den Hardwald abgeleitet werden. Dieses Kanalsystem wird zur Sicherheit bis heute in Stand gehalten. Denn obwohl seit 1992 ein Stollen die Hochwasser ab Madiswil direkt in die Aare bei Bannwil leitet, kam es auch 2007 in Langenthal nochmals zu einem Hochwasser (heftige Regenwasser im Raum Lotzwil-Madiswil).

www.langenthal.ch/geschichte/4898
Tannenwälder

Tannenwälder auf 100'000-jährigen Böden

Im Gebiet zwischen Huttwil, Langenthal und Zofingen wachsen die einzigen ursprünglichen Tannenwälder des Mittellandes. Sie deuten auf besonders saure, staunasse Böden hin, die seit dem Ende der vorletzten Eiszeit vor 100'000 Jahren entstanden. Gleich wie der grösste Teil des Napfgebiets blieb die Region während der letzten Eiszeit vor ca. 18'000 Jahren eisfrei.

Auszug Jahrbuch Oberaargau 2000 (.pdf)
Smaragdgebeit Oberaargau

Ziegelwald Roggwil, Smaragdgebiet Oberaargau

Im Wald zwischen Langenthal und St. Urban lebt die europaweit gefährdete Gelbbauchunke. Die kaum 5 cm grosse Gelbbauchunke wird leicht übersehen, weil sie eine lehmfarbige Oberseite hat. Dadurch ist sie speziell in den lehmreichen Tümpeln bestens getarnt. Verschiedene Organisationen setzen sich in der Gegend für europaweit gefährdete Arten ein. So lassen sich Unken, Biber, Storch, Wilder Reis & Co. auch in Zukunft entdecken

www.smaragdoberaargau.ch
Baukeramik des Zisterzienserklosters St. Urban

Baukeramik einst und heute

Im 13. Jahrhundert erlebte die Baukeramik des Zisterzienserklosters St. Urban ihre Hochblüte. In der klostereigenen Manufaktur stellten die Mönche zwischen 1250 und 1290 die begehrten Zierbacksteine her. Über Jahrhunderte fabrizierten sie auch Dachziegel, womit bis in unsere Tage die Nordwestecke der Klosteranlage gedeckt ist. Auch heute werden im Ziegelwerk Roggwil bei St. Urban noch Backsteine hergestellt und Klosterziegler Richard Bucher begeistert Besuchergruppen mit seinem alten Handwerk.

www.klosterziegeleisturban.ch

Weiteführende Literatur: Begleitheft ENGEL TEUFEL DRACHEN GREIFE. Verzierte Backsteine aus dem Zisterzienserkloster St. Urban. Glanzlicht des Kunsthandwerks im 13. Jahrhundert, ISBN 3-9070-1278-X, 10 CHF, 2005, Museum Langenthal 
Klosteranlage Sankt Urban

Klosteranlage St. Urban und Chorgestühl

Heute steht das ehemalige Zisterzienserkloster St. Urban in der Nordwestecke des Kantons Luzern etwas abseits. Bis zu seiner überraschenden Aufhebung 1848 war das Kloster jedoch in verschiedener Hinsicht ein wichtiges Zentrum im Mittelland. Erst im Verlauf der Geschichte wurden seine weit zerstreuten Besitzungen verschiedenen Kantonen zugerechnet (v.a. LU, BE, SO, AG). International bekannt ist das Chorgestühl. Es wurde im 19. Jh. verkauft und gelangte nach einer Odysee über Irland und Schottland erst anfangs 20. Jh. wieder nach St. Urban.

www.st-urban.ch, www.sakrallandschaft-innerschweiz.ch,
Fotos Gemeinde Pfaffnau/St. Urban, www.willyjost.ch

Barockorgel St. Urban

Eindrückliche Barockorgel

Das Kloster St. Urban war stets auch eine bedeutende Stätte der Musik. So zählt in der Klosterkirche St. Urban die grösste noch erhaltene Barockorgel der Schweiz über 2500 Orgelpfeifen. Auch handschriftliche, zum Teil illuminierte Chorbücher aus dem Mittelalter zeugen von einem reichen kulturellen Erbe. Das Alphorn ist 1527 in den Annalen des Kloster St. Urban gar das erste Mal schriftlich erwähnt.

www.orgel-st-urban.ch, www.orgelbau.ch, www.grenzklang.ch
Orangerie St. Urban

Orangerie St. Urban

Die in der Schweiz grösste Orangerie aus dem 18. Jahrhundert steht heute für Kunst, Kultur und Bildung. Erbaut wurde der 66 Meter lange Bau von 1777 bis 1780 als Teil der ausgedehnten Südtoranlage. Der Mittelpavillon der Orangerie springt nördlich und südlich segmentförmig hervor. Im Gegensatz zu heute bekam man Orangen, Zitronen und andere Zitrusgewächse bis ins 19. Jahrhundert nördlich der Alpen nur selten zu Gesicht. Wer sich eine ganze Sammlung solcher Pflanzen leisten konnte, gehörte zu den einflussreichsten und vor allem reichsten Zeitgenossen. Seit 2021 ist die Orangerie St. Urban wieder von Leben erfüllt.

www.emmastirnimann.ch

Trübelbachweiher

Naturidyll Trübelbachweiher

Nur 5-10 Gehminuten von der Klosteranlage St. Urban entfernt liegt der Trübelbachweiher in einer malerischen Waldbucht (500 m entlang der Murhofstrasse und 250 m entlang dem Waldrand linkerhand und einer imposanten Trockensteinmauer rechterhand). 1999 wurde der historisch bekannte, einstmals riesige Trübelbachweiher in kleinerer Form wieder zum Leben erweckt.

Lebendiges Rottal, Projekt Trübelbachweiher,
Fotos Rottaler Teiche, www.willyjost.ch

Klosterhöfe bei St. Urban

Klosterhöfe bei St. Urban

Mächtige Klosterscheunen und stattliche Wohnhäuser prägen die Kulturlandschaft rund um St. Urban. Weil sie sich nicht den gewohnten Schweizer Bauernhaustypen zuordnen lassen, sind sie in der Schweizer Bauernhausliteratur nicht aufgeführt, Umso mehr lohnt es sich, genau hinzuschauen: die gewaltigen Mauern, Rundbögen und mächtige Holzbalken der Klosterhöfe oder Grangien beeindrucken bis heute.

Klosterhof-Velotour, Gnuss-Egge Sonnhaldenhof

Baumkapelle

Baumkapelle und Klosterhof-Hain

«Bäume entlang des Grenzpfads Napfbergland» hiess eine Baumpflanzaktion des Vereins Lebendiges Rottal 2005. Unterdessen haben die Bäume zwischen St. Urban, Altbüron und Melchnau eine stattliche Grösse erreicht. In Sichtweite zur Klosterscheune des Sonnhaldenhofs (südlich von St. Urban) sind vier Linden inzwischen zu einer «Baumkapelle» zusammengewachsen. Um darin einen starken Moment zu erleben, muss nicht gleich geheiratet werden. Die «Gastronomie auf dem Sonnhaldenhof» und das «Berghof-Erlebnis» würde aber auch dies ermöglichen.

www.lebendigesrottal.ch, www.sonnhaldenhof.ch, www.berghof-erlebnis.ch

Ludligen

Ludligen: Birnenvielfalt und Karpfenteich

Ludligen – und damit der kleine Hofladen der Familie Bucheli – befindet sich an der Strasse zwischen St. Urban und Altbüron. Mit einer Landkarte ausgerüstet ist dieser mit vielen verschiedenen Birnbäumen umrahmte Weiler auch vom Grenzpfad Napfbergland, Route 65 her erreichbar. Ludligen soll früher ein Dorf gewesen sein. Das würde erklären, weshalb sich das Ludlige-Chäppeli abgesetzt davon bei Unterberghof befindet. Auch soll ein Weg von hier hinab zu einer Furt über die Rot und hinauf ins bernische Chlyroth geführt haben. Heute gibt es unterhalb von Ludligen einen Karpfenteich zu besichtigen.

Birnenvielfalt in der Rottaler Kulturlandschaft, Karpfenteich Äschweiher, Hofladen Ludligen, Rottaler Teiche, Bilder Willy Jost
Aussichtspunkt Isehuet

Aussichtspunkt Isehuet

Wer auf dem Grenzpfad Napfbergland, Route 65 unterwegs ist, erreicht nach dem Grosswald erstmals ein Plateau mit fast 600 m.ü.M. Ein kurzer Abstecher zum Aussichtspunkt «Isehuet» lohnt sich. Hier soll bereits der Leibeigene «Heini» («Schmid von Göschenen») in die Schneeberge geblickt haben. 1217 wurde er vom Kloster St. Urban freigesprochen. Abgesehen von den Berner Viertausendern (Finsteraarhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau) eröffnet der Aussichtspunkt auch schöne Aussichten Richtung Voralpen, Jura, Oberaargau und Napfgebiet.

Naturprodukte vom Isehuet www.isehuet.ch

Rottaler Wässermatten

Rottaler Wässermatten und Rastplatz Flue

Die Wässermatten gehören zu den eigenartigsten Kulturlandschaften der Schweiz und sind auch ein immaterielles Kulturerbe. Zudem bieten sie seltenen Tierarten Lebensraum. Fast rund ums Jahr wird Wasser breitflächig auf immer wieder andere Matten geleitet, wo mitgeführte Schwebstoffe ihre Düngewirkung entfalten. Der angrenzende Rastplatz Flue bietet eine Sitzgelegenheit am Wasser. Seit März 2021 liegt der Rastplatz auch am Rand des neu gepflanzten Rottaler Birnensortengartens, in dem mehr als 30 regionaltypische Birnensorten vom Dreikantonseck Luzern, Bern und Aargau herangezogen werden.

www.rottalerwaessermatten.ch, www.waessermatten.ch, Birnenvielfalt in der Rottaler Kulturlandschaft
Internationales Zentrum der Traditionellen Bewässerung als Kulturerbe Europas, IZTB: www.iztb.ch
Spuren des Eisenbahnfiebers von 1874 / 1875

Spuren des Eisenbahnfiebers von 1874-1875

Altbüron liegt in der parkähnlichen Rottaler Kulturlandschaft. In den 1870er-Jahren wäre diese beinahe durch eine Bahnverbindung Langenthal-Wauwil zerschnitten worden. Tatsächlich findet man noch heute am östlichen Rand von Altbüron einen Bahndamm. 1875 setzte eine Finanzkrise dem begonnenen Projekt und vielen Träumen ein jähes Ende.

www.altbueron.ch , Auszug Jahrbuch Oberaargau 2001 (.pdf),
www.melchnauerli.ch/heimstrecke/index.htm

St. Antonius-Kapelle

St. Antonius-Kapelle und blumige Vielfalt

Seit 1683 thront eine Antonius-Kapelle auf dem kleinen Sandsteinhügel inmitten von Altbüron. Ein Gemälde im Kapelleninnern stellt dar, wie der St. Antonius bernische Kriegsleute während dem zweiten Villmergerkrieg mittels Blitzschlag daran gehindert haben soll, das Dorf zu verwüsten und zu plündern. Heute erblüht am Kapellhügel alljährlich Hasen-Klee, Königskerze, Thymian, usw. Auch lebt hier die Geburtshelferkröte.

www.altbueron.ch, Altbüron auf Willisau-Tourismus, Lebendiges Rottal, Projekt Kapellhügel
Burgruine Melchnau

Burgruine und Rastplatz Grünenberg

Im Mittelalter hausten die einflussreichen Grünenberger auf dem mächtigen Felssporn oberhalb Melchnau (heute in Sichtweite zu Bushaltestelle Oberdorf). Sie besassen Güter von Uri über Rheinfelden bis ins Emmental und ermöglichten die Gründung des Klosters St. Urban. In der ehemaligen St. Georgs-Kapelle auf Grünenberg finden sich St. Urban- Backsteine am Originalstandort. Feuerstelle und Rastplatz ergänzen die Burgstelle.

www.gruenenberg.ch, Melchnau, Bilder Willy Jost
Dorf Melchnau

Dorfrundgang Melchnau

Melchnau entwickelte sich über die Jahrhunderte recht kontinuierlich. Zeitzeugen sind speziell die Bauernhäuser, in deren Bauweise sich die Veränderung der Lebensweise bis heute niederschlägt. Auch die Spuren der Reformation, der Entwicklung der Eidgenossenschaft, der Eisenbahn, der polnischen Internierten und der fortschreitenden Industrialisierung sind im Dorf sichtbar.

www.forum-melchnau.ch
Dorfchäsi Melchnau

Dorfchäsi Melchnau – Emmentaler seit 1843

Ursprünglich entstand Emmentaler-Käse in kleinen Laiben auf Alpbetrieben. Ab 1820 gelang es jedoch, im Mittelland der Anbauertrag für Nahrungsmittel stark zu steigern und zusätzliches Futter anzubauen. Dies führte zur Entstehung der ersten Käsereigenossenschaften. 1843 gründeten 13 Milchlieferanten die «Käse-gesellschaft Melchnau». Diese verarbeitet heute jährlich 4.5 Mio. Liter Milch, weiterhin zu Emmentaler und zu Spezialitäten.

www.kaeserei-melchnau.ch , Rottaler Genussfenster, so entsteht's: Käsen
Babeliplatz

Babeliplatz - Waldhütte, Rastplatz und Feuerstelle

Beim Babeliplatz treffen sieben Waldstrassen aufeinander. Bis zur Reformation lag er zentral in der Grosspfarrei Grossdietwil, die bis dahin auch bernische Orte umfasste. Eine Grenzpfad-Tafel zum Sonderbundskrieg von 1847 erinnert an den letzten Krieg zwischen reformierten und katholischen Schweizern, z.B. Bernern und Luzernern. Heute ist der Babeliplatz ein beliebter Treffpunkt.

braetlistellen.ch/melchnau-babeliplatz/
Mammut-Käse

Mammut-Käse

Während der letzten Eiszeit, vor mehr als 28'000 Jahren, grasten in den eisfreien Kältesteppen der nördlichen Napfausläufer neben Rentieren auch Mammuts. 1920 wurden in Gondiswil BE und Ufhusen LU Stosszähne dieser Tiere gefunden. Obwohl heute Milchkühe an ihre Stelle getreten sind, bleiben die Mammuts in Gondiswil ein Dauerthema. Seit März 2012 trägt ein würziger Käse den Namen Mammut
von Gondiswil in die weite Welt hinaus.

www.mammutkaese.ch,
Auszug Jahrbuch Oberaargau (Mammutfunde im nördlichen Napfvorland): 2002 (.pdf)
Kohleweiher Gondiswil

Kohleweiher Gondiswil

Direkt unterhalb von Gondiswil wurde 1918/1919 Schieferkohle abgebaut. Überbleibsel davon ist der Kohleweiher. Die Grenzpfad-Tafel "Kies und Kohle" zeigt hier das Nebeneinander von Schotter und Kohleflötzen in der Region. Die Ur-Luther brachte nämlich grosse Kiesmassen vom Napfgebiet Richtung Norden. Dies führte zu Rückstauungen in den Nebentälern, unter anderem bis hinauf nach Gondiswil. In den entstandenen Sumpflandschaften bildeten sich in der Folge Braunkohlevorkommen.

Auszug Geotopinventar Oberaargau (.pdf),
Auszug Jahrbuch Oberaargau (Vegetationsgeschichtliche Untersuchungen im Schieferkohlegebiet von
Gondiswil/Ufhusen): 1985 (.pdf)
Kapelle Fischbach

Sakralbauten in Grossdietwil und Fischbach

Wie die imposante Pfarrkirche in Grossdietwil (geweiht dem St. Johannes) ist auch die Kapelle mitten im Dorf Fischbach nicht zu übersehen. Sie wurde 1520 erbaut und ist dem St. Aper geweiht. Die Volksfrömmigkeit ist auch anhand kleiner Kapellen, Wegstöcke und Wegkreuzen zu sehen, welche mit einem reichen Sagenschatz in Verbindung stehen. So berichtet eine schriftliche Quelle folgendes: «Auf dem Hofe Tschäggelen zu Fischbach war einst ein Kind, das durch kein Schelten und Strafen von seinen
Unarten abzubringen war. In einer Sträggelenacht, als es draussen umging, drohten die Eltern dem widerspenstigen Kind, wenn es nicht artig sei, hole es die Sträggele. Aber das Kind kehrte sich nicht daran und verblieb bei seinem Trotz. Um den Starrsinn zu brechen, taten die Eltern, als ob sie Ernst machten, hielten das böse Kind vors offene Fenster und riefen der Sträggele, sie solle es holen. Da wurde ihnen, ehe sie sich recht versahen, das Kind aus den Händen gerissen und im Sturm entführt. Die Eltern erschraken, aber schon sahen sie nichts mehr von dem Kleinen; nur aus der Ferne hörten sie lange sein Schreien.»

Grossdietwil, Fischbach